Die Gondel ist eines der bekanntesten Symbole Venedigs – elegant, traditionsreich und technisch erstaunlich komplex. Jede Gondel wird noch heute vollständig in Handarbeit gefertigt, nach Methoden, die über viele Jahrhunderte weitergegeben wurden. Nur sehr wenige Werkstätten („Squeri“) besitzen das Wissen und die Erfahrung, um eine echte venezianische Gondel zu bauen.
In diesem Artikel erfährst du, wie eine Gondel entsteht, welche Materialien verwendet werden, warum das Boot eine asymmetrische Form hat und wie lange die Herstellung dauert.

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1. Die Tradition der Squeri – Venedigs historische Gondelwerkstätten
Gondeln werden in speziellen Bootswerften gebaut, den sogenannten Squeri. Die bekannteste Werkstatt ist der Squero di San Trovaso im Stadtteil Dorsoduro. Er existiert seit dem 17. Jahrhundert und arbeitet bis heute nach traditionellen Methoden.
Diese Werkstätten sind kleine, familiäre Betriebe, in denen oft Generationen desselben Handwerks zusammenarbeiten. Nur wenige Dutzend Menschen weltweit beherrschen den vollständigen Bauprozess einer Gondel.
Ein Squero ist gleichzeitig:
- Bootswerft
- Reparaturbetrieb
- Lager für Werkzeuge und Hölzer
- Ort der Ausbildung für zukünftige Gondelbauer
2. Die Maße einer Gondel – Präzision bis ins Detail
Moderne Gondeln sind streng normiert, damit sie stabil fahren und gut zu steuern sind.
- Länge: ca. 10,80 bis 11 Meter
- Breite: ca. 1,40 Meter
- Gewicht: etwa 350 kg
- Kapazität: bis zu 6 Passagiere + Gondoliere
Alle Maße sind das Ergebnis jahrhundertelanger Optimierung.
3. 8 Holzarten – jedes mit eigener Funktion
Eine Gondel besteht aus über 280 Einzelteilen und wird aus acht verschiedenen Holzarten gefertigt. Jede besitzt spezifische Eigenschaften:
- Eiche: besonders stabil – für tragende Elemente
- Lärche: wasserresistent – für den Rumpf
- Tanne: leicht – für Innenstrukturen
- Ulme: elastisch – für den Bugbereich
- Nussbaum: dekorativ & stabil
- Esche: sehr hart – für wichtige Verbindungsteile
- Kirsche: feine Oberflächen, elegante Details
- Mahagoni: langlebig – für ausgewählte Komponenten
Die Mischung dieser Holzarten ergibt die besondere Kombination aus Leichtigkeit, Stabilität und Flexibilität.
4. Warum ist eine Gondel asymmetrisch?
Die auffälligste technische Besonderheit ist die Asymmetrie des Bootes. Die linke Seite der Gondel ist etwa 24 Zentimeter länger als die rechte.
Der Grund: Der Gondoliere steht auf der linken Seite und rudert mit einer einzigen Ruderblattbewegung. Ohne asymmetrischen Rumpf würde das Boot sofort kreiseln.
Vorteile dieser Konstruktion:
- präzise Steuerung
- gerade Fahrtlinie bei nur einem Ruder
- extrem wendig in engen Kanälen
Diese Technik ist weltweit einzigartig.
5. Der Bauprozess – Schritt für Schritt
Schritt 1: Auswahl & Vorbereitung des Holzes
Die Hölzer müssen mehrere Monate bis Jahre trocknen, bevor sie verarbeitet werden können. Nur perfekt getrocknete Hölzer garantieren Stabilität und eine lange Lebensdauer der Gondel.
Schritt 2: Bau des Kiels
Der Kiel bildet das Rückgrat der Gondel. Er wird aus besonders stabilem Eichenholz gefertigt und bestimmt die spätere Form des Bootes.
Schritt 3: Aufbau des Rumpfes
Der Rumpf besteht aus langen, gebogenen Holzplanken, die durch Dampf erhitzt und in Form gebracht werden. Diese Biegearbeit erfordert höchste Präzision.
Schritt 4: Montage der Innenstruktur
Sitzflächen, Querstreben und Verstärkungen werden aus leichterem Holz gefertigt. Jede Komponente wird millimetergenau positioniert.
Schritt 5: Lackierung – warum Gondeln schwarz sind
Wie bereits in der Geschichte der Gondel erklärt: Seit dem 17. Jahrhundert müssen Gondeln schwarz gestrichen sein.
Heute kommen spezielle Lacke zum Einsatz, die das Holz gegen Wasser und Sonne schützen.
Schritt 6: Anbau des „Ferro“
Der dekorative Metallkopf am Bug dient gleichzeitig als Gegengewicht zum Gondoliere. Er besteht aus Eisen oder Messing und ist ein Meisterwerk venezianischer Schmiedekunst.
Der Ferro enthält mehrere Symbole:
- 6 Zacken = die 6 historischen Stadtteile
- oberer Bogen = Canal Grande
- Form erinnert an den Dogenhut
Schritt 7: Endmontage & Wasserprobe
Nach der Fertigstellung wird die Gondel im Kanal getestet. Kleinste Ungenauigkeiten können das Fahrverhalten beeinflussen – daher werden Anpassungen oft noch direkt auf dem Wasser vorgenommen.
6. Wie lange dauert der Bau einer Gondel?
Eine einzige Gondel benötigt rund 500 Arbeitsstunden.
Je nach Werkstatt kann der gesamte Herstellungsprozess – vom Holz bis zur fertigen Gondel – mehrere Monate dauern.
7. Wie viel kostet eine Gondel?
Eine traditionelle Gondel kostet etwa 25.000 bis 50.000 Euro.
Der Preis hängt von:
- Holzqualität
- Maßanfertigungen
- Schmiedearbeiten (Ferro)
- individuellen Verzierungen
Eine gut gepflegte Gondel hält mehrere Jahrzehnte.
8. Der Beruf des Gondelbauers – ein seltenes Handwerk
Gondelbauer („Maestri d’Ascia“) gehören zu den seltensten Handwerken Italiens. Die Ausbildung dauert viele Jahre und setzt ein tiefes Verständnis von Holz, Wasser und Gewichtsbalance voraus.
Viele Werkstätten werden als Familienbetriebe über Generationen weitergeführt.
9. Wo kann man den Gondelbau heute sehen?
Der berühmteste Ort, um eine Gondelbauwerkstatt zu besuchen, ist:
- Squero di San Trovaso (Dorsoduro) – öffentlich von außen sichtbar
Führungen sind begrenzt, aber es gibt Touren, die Einblicke in die Werkstätten bieten:
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10. Hotels in der Nähe der Squeri
- Dorsoduro – ruhiges, traditionelles Handwerksviertel
- San Polo – kurze Wege zur Werft am Rio San Trovaso
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